Infoabend unechte Teilortswahl/Gemeinderat entscheidet über weiteres Vorgehen

In Rastatt gilt bei Kommunalwahlen das System der unechten Teilortswahl. Wird der Gemeinderat nach diesem Prinzip gewählt, erhält jeder Ortsteil eine bestimmte Anzahl von Sitzen im Rastatter Rat. Wie sich Rastatt künftig zur unechten Teilortswahl positioniert, soll am 26. Juni in einer Gemeinderatssitzung diskutiert werden.

Im Vorfeld hatte die Stadtverwaltung Bürgerinnen und Bürger zu einer Infoveranstaltung unter dem Titel „Das System der unechten Teilortswahl“ am 12. Juni in die Festhalle Ottersdorf eingeladen. Prof. Dr. Jürgen Fleckenstein von der Hochschule Kehl erläuterte dabei das kommunale Wahlsystem und ging auf seine Vor- und Nachteile ein. Gleichzeitig beleuchtete er ebenso wie der Jurist Prof. Dr. Werner Finger die jüngsten richterlichen Entscheidungen zur unechten Teilortswahl. Für die knapp 100 Gäste, vielfach aus dem Rastatter Gemeinderat sowie den Ortschaftsräten, bot sich danach die Gelegenheit, Fragen an die kommunalrechtlichen Experten zu stellen sowie an Oberbürgermeister Hans Jürgen Pütsch. 

OB Pütsch machte bei der Infoveranstaltung seine Haltung deutlich: "Der Rastatter Gemeinderat hat Projekte sowohl für die Kernstadt als auch für die Ortschaften in den vergangenen Jahren immer gemeinsam getragen - geschlossen und im Interesse der Gesamtstadt. Wir müssen uns als Gesamtheit begreifen. Ein besonderer Schutz oder eine zwanghafte Vertretung der Ortschaften im Gemeinderat erachte ich daher nicht mehr für notwendig", so Pütsch. Gleichzeitig machte er darauf aufmerksam, dass Ortsvorsteher und Ortsvorsteherinnen auch weiterhin im Gemeinderat fest vertreten sein werden und ein ständiges Rederecht hätten, auch wenn der Gemeinderat sich dafür entscheiden sollte, die unechte Teilortswahl abzuschaffen.  

Hintergrund der Diskussion ist, dass Gemeinden mit unechter Teilortswahl vor jeder Kommunalwahl - die in Rastatt 2024 wieder ansteht - prüfen müssen, ob die Kriterien der Sitzverteilung noch erfüllt sind. Dabei sind bei der Bestimmung der auf die einzelnen Wohnbezirke entfallende Anzahl der Sitze die örtlichen Verhältnisse und der Bevölkerungsanteil zu berücksichtigen.

Im August 2021 ging dazu auch ein viel beachtetes Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart zur Gemeinderatswahl 2019 in Tauberbischofsheim durch die Presse. Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat das Landratsamt Main-Tauber-Kreis verpflichtet, die Gemeinderatswahl 2019 in Tauberbischofsheim für ungültig zu erklären. Die daraufhin eingelegte Berufung des Main-Tauber-Kreises und der Stadt Tauberbischofsheim hat der VGH Mannheim per Urteil vom 19. Juli 2022 zurückgewiesen. Somit ist dieses Urteil rechtskräftig. In dem höchstrichterlichen Urteil wurde festgestellt, dass bei der Tauberbischofsheimer Gemeinderatswahl 2019 gegen Bestimmungen zur Unechten Teilortswahl verstoßen wurde.

Vor diesem Hintergrund ist auch in Rastatt die Sitzverteilung im Gemeinderat zum Thema geworden. Über das weitere Vorgehen zur unechten Teilortswahl wird der Gemeinderat Rastatt im Juni entscheiden.

(Erstellt am 13. Juni 2023)