Vor dem Hintergrund der weiter zunehmenden Zahl an Flüchtlingen weltweit und nach Deutschland bleibt die Unterbringung und Integration von Geflüchteten eine große Herausforderung für die Kommunen. Bei einer ersten öffentlichen Informationsveranstaltung am 24. Januar 2024 in der BadnerHalle hat die Stadtverwaltung die Einwohnerschaft über die aktuelle Situation in Rastatt informiert. Bürgerinnen und Bürger konnten zudem ihre Fragen vor Ort loswerden als auch zuvor per E-Mail einreichen.
Fragen und Antworten zum Thema Flüchtlingsunterbringung
Wie viele Geflüchtete leben aktuell in Rastatt?
Woher kommen die Menschen?
In den Unterkünften des Landkreises Rastatt leben aktuell vor allem Menschen aus der Türkei, Afghanistan, Georgien und Syrien. Von der Stadt sind Stand Februar 2024 vorwiegend Menschen aus der Ukraine, aus Syrien, Afghanistan, Nigeria, Georgien, Kamerun und Somalia sowie aus dem Irak, der Türkei und dem Iran untergebracht.
Welche Menschen kommen nach Rastatt?
Für welche Unterbringungsform ist die Stadt Rastatt verantwortlich?
Kommunen sind für die Anschlussunterbringung verantwortlich, die erst dann beginnt, wenn die Menschen schon eine Weile in Deutschland in der sogenannten vorläufigen Unterbringung in den Landkreisen gelebt haben. Meist ist dann ihr Asylverfahren bereits abgeschlossen. Die Landkreise weisen anschließend aus ihren Unterkünften die Menschen den Städten und Gemeinden zu.
Die Anschlussunterbringung kann in Unterkünften erfolgen, die die Stadt bereitstellt, noch besser aber in privaten Unterkünften. Dafür ist die Stadt aber auf Wohnraum von Dritten angewiesen.
Der Landkreis ist für die vorläufige Unterbringung zuständig. Geflüchtete bleiben dort meist bis zum Abschluss ihres Asylverfahrens. Aktuell betreibt der Landkreis vier Gemeinschaftsunterkünfte in Rastatt, die Stadt hat fünf größere Unterkünfte für die Anschlussunterbringung.
Welche Standorte stehen für weitere Unterkünfte in Rastatt zur Diskussion?
Der Rastatter Gemeinderat hat beschlossen, dass die ehemalige Kaserne Merzeau in der Kehler Straße sowie das ehemalige Martha-Jäger-Haus in der Herrenstraße mindestens bis Ende September 2026 für die Anschlussunterbringung genutzt werden sollen. Zudem prüft die Verwaltung aktuell, ob das alte Technische Rathaus in der Platanenstraße 7 genutzt werden kann und ob Wohnungen zur Notunterbringung im Hochhaus in der Plittersdorfer Straße für zwei Jahre angemietet werden können. Drei weitere Standorte stehen darüber hinaus für den Bau von mobilen Bauten zur Diskussion: die Oberwaldstraße 40 in Rastatt-West, Am Oberwald in Ottersdorf sowie Am Schäferrain 2 in Rauental. Für eine längerfristige Unterbringung wird zudem der Standort in der Fährstraße in Plittersdorf geprüft.
Angedacht ist laut Gemeinderatsbeschluss von September 2023 eine Notunterkunft in der Platanenstraße 7 zu errichten. Was bedeutet Notunterkunft konkret?
Bei einer Notunterkunft handelt es sich um eine vorübergehende Unterbringung, die nicht als dauerhafte Bleibe gedacht ist. Hierunter fällt ein hinreichend großer Raum, der Schutz vor Witterungsverhältnissen bietet, eine einfache Sanitärausstattung sowie eine zweckmäßige Möblierung. Pro Person werden etwa zehn Quadratmeter gestellt.
Ist damit zu rechnen, dass quasi jeden Tag neue Bewohner in einer Notunterkunft ein- und ausziehen?
Warum hat sich die Stadt Rastatt für eine Notunterkunft in einem reinen Wohngebiet in Rastatt-West mit überwiegend Familien ausgesprochen?
Die geplante Unterbringung von Geflüchteten in Wohngebieten ermöglicht es, Menschen in Not zu unterstützen, ohne den Charakter der Nachbarschaft zu beeinträchtigen. Diese Nutzung ist daher an den vorgeschlagenen Standorten rechtlich zulässig. An allen drei Standorten – Plittersdorfer Straße, Draisstraße und Platanenstraße – ist bisher nur eine befristete Unterbringung von Geflüchteten vorgesehen.
Warum sind laut Plan der Stadt zwei Standorte in Rastatt-West zeitlich befristet mit Ausnahme der Platanenstraße 7?
Die Befristung im Gebäude Plittersdorfer Straße 1a ergibt sich aus den Vertragsverhältnissen mit dem Immobilieneigentümer. Der Standort Am Oberwald/Draisstraße ist langfristig für eine Erweiterung des angrenzenden Mercedes-Werks vorgesehen. Das Gebäude in der Platanenstraße ist im Eigentum der Stadt und wird derzeit nicht anderweitig benötigt.
Mit wie vielen Geflüchteten muss der Stadtteil West rechnen, wenn tatsächlich drei Standorte (Plittersdorfer Straße, Draisstraße und Platanenstraße) geplant sind?
Ist mit einer Zunahme an Kriminalität, Sachbeschädigung und Vandalismus zu rechnen?
Eine solche Entwicklung ist an den bisherigen Standorten nicht festzustellen und ergibt sich auch nicht aus der polizeilichen Kriminalitätsstatistik. Innerhalb von Unterkünften kann es aufgrund der engeren Wohnsituation und der unterschiedlichen Prägungen zu Konflikten kommen. Diese können aber in der Regel gut mit den Betroffenen gelöst werden und sind im Umfeld der Unterkünfte nicht relevant.
Sinken die Werte der Immobilien, wenn eine Anschlussunterbringung errichtet wird?
Ob Wertminderungen an Immobilien vorliegen und wodurch diese verursacht werden, kann nur im Zuge einer Einzelbegutachtung beurteilt werden. Grundsätzlich sind die immobilienpreise in Städten in der Region in den letzten Jahren stark gestiegen, unabhängig von der Bewohnerschaft im Umfeld. Eine leichte Eintrübung auf dem Immobilienmarkt ist seit einiger Zeit zu beobachten - allerdings völlig unabhängig von Fluchtbewegungen und Unterbringungen.
Warum hält die Stadt an dem Konzept einer dezentralen Unterbringung fest? Oder anders gefragt: Was spricht gegen eine gemanagte zentrale Unterbringung?
Der Rastatter Gemeinderat hat sich bereits 2015 für eine dezentrale Unterbringung von Geflüchteten ausgesprochen mit möglichst gleichmäßiger Verteilung im Stadtgebiet und den Ortsteilen. Ziel war und ist es, dadurch eine bestmögliche Integration zu erreichen. Auch die Betreuung von Kindern in Kindergärten und Schulen kann man nicht einigen wenigen Einrichtungen in Unterkunftsnähe überlassen.
Da Menschen unterschiedlichster Herkunft nach Rastatt kommen, versuchen Stadt und der Landkreis bei der Unterbringung darauf zu achten, dass diese möglichst zueinander passen. Das könnte in einer zentralen Unterbringung nicht gewährleistet werden und würde möglicherweise zu Konflikten führen
Ist die Stadtverwaltung schon auf die katholische Kirche zugegangenen, um dort nach Wohnraum zu fragen, etwa nach der Belegung des Bildungshaus St. Bernhard im Zay?
Jede Aufnahmekapazität ist an irgendeinem Punkt erschöpft. Hat sich die Verwaltung der Stadt Rastatt und/oder die des Landkreises schon einmal damit beschäftigt, wo insbesondere im Fall Rastatt dieser Punkt liegen könnte?
Die Anschlussunterbringung von Geflüchteten ist eine Pflichtaufgabe. Weder die Stadt, noch der Landkreis oder das Land Baden-Württemberg können mitbestimmen, wie viele Menschen aufgenommen werden müssen. Zwei Städte sind in der Vergangenheit mit der politischen Forderung eines Aufnahmestopps an das Land Baden-Württemberg herangetreten, jedoch kam es in beiden Fällen zu recht nicht zu einer Begrenzung der Aufnahmepflicht. Grundlage für die Aufnahme von Geflüchteten bilden Bundes- und EU-Gesetze.
In der Veilchenstraße ist ein leerstehendes Haus, das dem Bund gehört. Könnten dort nicht Geflüchtete untergebracht werden?
Die Stadt Rastatt steht bereits in Kontakt mit der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA), um abzuklären, welche bundeseigenen Wohngebäuden für die Anschlussunterbringung von Geflüchteten angemietet werden könnten. Das Gebäude in der Veilchenstraße steht derzeit aufgrund geplanter Baumaßnahmen nicht für eine Belegung zur Verfügung.
Im Zusammenhang mit dem Betrieb der Gemeinschaftsunterkunft des Landkreises im Hochhaus in der Plittersdorfer Straße hieß es damals, dass brandschutztechnische Probleme festgestellt wurden. Stehen diese Probleme nicht auch der aktuell geplanten Nutzung für die Anschlussunterbringung entgegen?
Im Zusammenhang mit dem Betrieb der Gemeinschaftsunterkunft des Landkreises im Hochhaus in der Plittersdorfer Straße wurden schon in der Vergangenheit Brandschutzmaßnahmen durchgeführt, damals im Hinblick auf die hohe Belegungsdichte. In dem Gebäudeteil mit den Wohnungen, die nun der Stadt zur Vermietung angeboten wurden, hat kürzlich eine Begehung stattgefunden. Dabei hat ein Sachverständiger den Zustand der Räumlichkeiten und der Fluchtwege überprüft. Die Stadt wird nun die wenigen festgestellten Mängel beheben und für die beabsichtigte Nutzung anpassen. Zudem strebt die Stadt Rastatt eine deutlich niedrigere Belegungsdichte der Wohnungen an im Vergleich zu der früheren Gemeinschaftsunterkunft des Landkreises.
Plant die Stadt für die Gewinnung von Unterbringungsraum für Geflüchtete private Wohnungen zu beschlagnahmen?
Die rechtlichen Anforderungen an eine Beschlagnahme von Wohnungen sind äußerst hoch und im Falle der Anschlussunterbringung zudem nicht praktikabel. Bislang wurden daher keine entsprechenden Überlegungen angestellt. Die Stadt ruft aber weiterhin dazu auf, privaten Wohnraum zu melden, der genutzt werden kann.
Anders sieht dies bei stadteigenen Gebäuden oder Einrichtungen aus. Es wurde stets darauf hingewiesen, dass auch in Rastatt Situationen entstehen können, in denen beispielsweise auf Hallen ausgewichen werden muss. Sowohl Gemeinderat als auch Verwaltung haben in der Vergangenheit fortlaufend die Unterbringungskapazitäten angepasst, sodass eine notdürftige Unterbringung in Hallen nicht erforderlich wurde.
Ich habe eine leerstehende Wohnung, die ich eventuell zur Verfügung stellen möchte. An wen kann ich mich wenden?
Angebote für Wohnungen nimmt Miguel Rodriguez, Kundenbereichsleiter Jugendförderung und Soziale Arbeit, entgegen Telefon: 07222 972-9100 oder E-Mail miguel.rodriguez@rastatt.de entgegen. Er beantwortet auch gerne Ihre Fragen.
Welche Integrationsangebote gibt es in Rastatt?
Seit 2018 betreibt der Landkreis ein Integrationsmanagement in Rastatt. Ziel und Aufgabe des Integrationsmanagements ist es, den individuellen Integrationsprozess zu fördern und Hilfe zur Selbsthilfe anzubieten. Der Landkreis bietet in diesem Rahmen auch Sozialberatung zu allen Fragen des täglichen Lebens an und steht im Austausch mit vielen anderen Behörden.
Die Stadt Rastatt ergänzt das Angebot und ermöglicht insbesondere Begegnungen zwischen Geflüchteten und Einheimischen, etwa beim Café International oder in Zusammenarbeit mit Vereinen und ehrenamtlichen Flüchtlingshelfern.
Ich möchte mich in der Flüchtlingsarbeit ehrenamtlich engagieren. Mit wem nehme ich Kontakt auf?
Rastatt zeichnet sich durch ein breites Netzwerk an ehrenamtlichen Helfern aus, die in der Flüchtlingsarbeit tätig sind. Wer die Arbeit unterstützen will, kann sich an den städtischen Bereich Integration und Gemeinwesenarbeit wenden per E-Mail an: integration-und-gemeinwesenarbeit@rastatt.de oder telefonisch: 07222 972-9200.
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Knapp 300 Bürger besuchen Infoveranstaltung zu Flüchtlingsunterbringung in Rastatt