Wald im Wandel: Zukunftsfähige Forstwirtschaft in Rastatt/ Waldbegehung zum klimaangepassten Waldmanagement
Wie wichtig es ist, den Wald direkt vor der Haustür zu schützen und zukunftsfähig zu gestalten, zeigte eine informative Waldbegehung unter dem Motto „Klimaangepasstes Waldmanagement: zukunftsorientierte Bewirtschaftung der Stadt- und Gemeindewälder“, am Freitag, 23. Mai, gemeinsam mit Oberbürgermeisterin Monika Müller, Bürgermeister Raphael Knoth und Mitgliedern des Gemeinderats. Auf einer rund zweieinhalb Kilometer langen Strecke informierten die zwei Stadtförster Uwe Kirst und Nico Jakob und der Leiter des Forstamts des Landkreises Rastatt Thomas Nissen an verschiedenen Stationen über die Herausforderungen des Klimawandels, die Bedeutung nachhaltiger Waldwirtschaft und die Rolle des Waldes als Erholungs- und Bildungsraum.
Der Wald als natürliche Klimaanlage
Weg von der Stadt, rein in den Wald – schon beim ersten Schritt in den Forst wurde der Unterschied spürbar: frische Luft, andere Geräuschkulisse, Ruhe. „Spaziergänge durch den Wald gehört genauso zur Forstwirtschaft wie die Holzproduktion“, so Kundenbereichsleiter Forst Kirst. Doch auch dieser Rückzugsraum stehe unter Druck: Der Klimawandel verändere Temperatur- und Niederschlagsverläufe spürbar. Während die Gesamtniederschlagsmenge relativ konstant bleibe, verschiebe sich die Verteilung. Zunehmend falle der Regen im Winter, im Sommer fehle er jedoch, wenn ihn die Vegetation am dringendsten brauche. Die Jahresdurchschnittstemperatur in der Region sei seit 1979 bereits um rund zweieinhalb Grad gestiegen, erklärte Kirst weiter.
Die Auswirkungen auf den Wald sind vielfältig und standortabhängig. Während auf nährstoffreichen Böden mit hohem Lehmanteil das Wasser gut gespeichert wird, können sandige Böden den Regen nicht halten und die Bäume können das Wasser nicht in den Wurzeln speichern. Eine zentrale Aufgabe der Forstverwaltung ist es daher, genau zu beobachten, welche Baumarten an welchen Standorten bestehen und daraus zukunftsfähige Pflanzenkonzepte abzuleiten. Mediterrane Bäume seien derzeit noch zu wachstumsschwach für den flächendeckenden Einsatz und würden den Wald optisch auch verändern, so Kirst. Das wichtigste Ziel: ein geschlossener, vielschichtiger Wald, der Schatten spendet, Wasser speichert und damit als natürliche Klimaanlage dient.
Roteiche – Ein Zukunftsbaum mit Tradition
Ein Hoffnungsträger unter den Baumarten ist die Roteiche – Baum des Jahres 2025. Seit rund 250 Jahren ist sie in Europa angesiedelt und überzeugt durch ihre Anpassungsfähigkeit auch an mittleren bis mäßige Standorte, ihre gute Holzqualität und stabile Pfahlwurzel. „Die Roteiche zeigt, dass auch eingeführte Baumarten klimaresistent und ökologisch wertvoll sein können“, so Forstamtsleiter Nissen. Auch einheimische Insekten wie der Hirschkäfer haben sich längst angepasst.
Nachhaltige Waldbewirtschaftung im Landkreis
Im Landkreis Rastatt werden rund 38.000 Hektar Wald bewirtschaftet, verteilt auf 23 Städte und Gemeinden. Stadt und Landkreis arbeiten eng zusammen, um einen naturnahen, stabilen und vielfältigen Wald zu erhalten. Zwei Programme haben sich dabei etabliert: das „Alt- und Totholz-Konzept“ sowie das „Klimaangepasste Waldmanagement“. In deren Rahmen wurden rund zehn Prozent der Waldfläche als sogenannte Waldrefugien oder Gruppen aus sogenannten Habitatbäumen stillgelegt. Mit diesen Konzepten können Ökopunkte für Fördermaßnahmen generiert werden.
Lernen mit allen Sinnen: Waldpädagogik
Die Bedeutung des Waldes zu vermitteln, ist auch eine Bildungsaufgabe. Waldpädagogik setzt genau am Objekt an: draußen, im direkten Erleben. Ob bei Ferienprogrammen, Schulführungen oder im Waldkindergarten, Kinder und Jugendliche lernen den Wald mit allen Sinnen kennen – sie tasten, hören, riechen und beobachten. Es geht nicht nur um reines Faktenwissen, sondern um ein Verständnis für ökologische Zusammenhänge, wie Stadtförster Jakob sagt, der selbst momentan in der Ausbildung zum Waldpädagogen ist: „Zentrales Anliegen der Waldpädagogik ist die Förderung einer inneren Haltung jedes Einzelnen, die auf Nachhaltigkeit und Verantwortungsbewusstsein gegenüber der Umwelt abzielt.“ Dieses Prinzip schlägt die Brücke zur Bildung für nachhaltige Entwicklung, wie sie auch von der UNESCO gefordert wird: Menschen sollen befähigt werden, zukunftsorientiert zu denken und zu handeln – ökologisch, ökonomisch und sozial.
Die Stadt Rastatt nimmt diesen Bildungsauftrag ernst: Drei feste waldpädagogische Plätze werden vom Kundenbereich Forst unterhalten. Zusätzlich wirken Förster bei Programmen mit Schulen, Ferienangeboten und Veranstaltungen der Tourist-Information mit. Ein anschauliches Beispiel: die rote Waldameise, die im Stadtwald nur lokal vorkommt und streng geschützt ist, eignet sich gut für kindgerechte Wissensvermittlung, wie Jakob bei der Waldbegehung vorführte.
Erholungswald für alle
Nicht nur eine Bildungs-, sondern auch eine Erholungsfunktion kommt dem Stadtwald zu. 180 Hektar sind offiziell als Erholungswald zertifiziert. Rastatt zählt damit zu den ersten drei Städten mit dieser Auszeichnung. Das verpflichtet die Förster allerdings auch, die Sicherheit der Menschen, die den Erholungswald genau dafür nutzen, zur Erholung, zu gewährleisten. Aufenthaltsorte müssen sicher sein, Bänke gepflegt und Wege kontrolliert. Gleichzeitig soll der Wald naturnah bleiben, ein Balanceakt für die Forstrevierleiter, der aufwendig geplant und umgesetzt wird.
Stadtjäger im Einsatz
Wieder raus aus dem Wald und Richtung Stadt fängt das Einsatzgebiet der „Stadtjäger“ an. Er kommt zum Einsatz, wenn Wildtiere wie Rehe, Wildschweine oder Marder sich in bewohnte Gebiete und private Grundstücke verirren, denn reguläre Jagd endet an der Ortsgrenze. Der Stadtjäger wird auf private Meldung und damit auch Rechnung tätig und sorgt für Sicherheit innerhalb der Stadtgrenzen.
Die Begehung machte deutlich: Der Wald vor der Haustür ist nicht nur Lebensraum für Tiere und Pflanzen, sondern auch Erholungsraum, Lernort und Rückzugsgebiet. Damit das auch so bleibt, braucht es das vorausschauende Handeln der Förster, gute Planung und die Bereitschaft, den Wald in seiner Vielfalt zu schützen und pflegen.